Auch Sportrechteagenturen und die italienische Großbank Unicredit seien in den Blickpunkt geraten, Transfergelder von Fußballspielern und Gelder von Bankkunden erst ins Ausland gebracht zu haben, um sie dann über Offshore-Zentralen bei der Vatikanbank einzuzahlen, damit sie auf deren Konten in aller Diskretion verschwinden, mit Billigung des Heiligen Vaters.
Im Jahr 1929 gründete Papst Pius XI. die erste Vatikanbank, die intern als „Sektion für außerordentliche Aufgaben“ fungierte. Die Vatikanbank verwaltet das Entschädigungskapital in Höhe von 50 Millionen Dollar für erlittene Verluste des Heiligen Stuhls, zu dessen Auszahlung sich die italienische Regierung in den sogenannten Lateranverträgen verpflichtete. Die Lateranverträge sind ein Abkommen zwischen dem Vatikan und dem damaligen Königreich Italien, das am 11. Februar 1929 zwischen Pius XI. und Benito Mussolini abgeschlossen worden ist. Daraus resultierte die Gründung des Vatikanstaats, der ab diesem Zeitpunkt eine souveräne internationale Körperschaft ist.
Der Vatikanstaat ist mit einer Fläche von 0,5 Quadratkilometern, genau genommen 44 Hektar, der kleinste Staat der Welt. Staatsoberhaupt ist der Papst. Die Lateranverträge regelten die formell-rechtliche Unabhängigkeit des Vatikans vom Rest Italiens. Der kleine Staat, der den Vatikan samt Nebengebäuden, Gärten, Petersbasilika und Petersplatz umfaßt, dazu den päpstlichen Sommersitz Castel Gandolfo sowie etliche extraterritoriale Immobilien in Rom, unterstreicht die völkerrechtliche Unabhängigkeit des Papstes von jedem anderen souverän. Der Papst wird somit von niemandem gerichtet, er ist keiner anderen Staatsgewalt untergeben. Der Papst übt hingegen im Vatikanstaat absolute Staatsgewalt aus und ist damit (neben dem Fürsten von Monaco) der letzte absolute Herrscher in Europa, der selbst an keine Verfassung gebunden ist (sondern selbst Verfassungsgesetzgeber ist).
Papst Pius XII. gründete im Jahr 1942 eine zweite Vatikanbank, indem er die Verwaltung der Religiösen Werke in das sogenannte „Institut für die Religiösen Werke“ umfunktionierte. Zweckbestimmung ist die Verwahrung und Verwaltung von Kapital (in Form von Wertpapieren und Bargeld) und anderen Vermögenswerten, die dem Institut von Finanzorganen oder juristischen Personen zur Erfüllung religiöser Aufgaben und christlicher Pflichten übereignet oder anvertraut worden sind. Diese zweite Vatikanbank gesellte sich somit zu der im Jahr 1929 gegründeten „Ordentlichen Sektion“ der „Vermögensverwaltung des Apostolischen Stuhles“ hinzu. Diese verwaltet das Vermögen der vatikanischen Kongregationen, Kommissionen und Ämtern, dazu noch einen großen Teil des vatikanischen Grund- und Immobilienbesitzes.
Nicht erst seit ein paar Wochen, sondern schon seit einigen Jahren, brodeln immer wieder Gerüchte und auch Skandale um die Vatikanbank an die Oberfläche der Weltöffentlichkeit, die der Heilige Stuhl doch gerne durch Diskretion und Verschwiegenheit unter Verschluß halten würde. Wie seitens verschiedener Medien bereits vor kurzem berichtet wurde, wusch die Vatikanbank über einen Zeitraum von mehreren Jahren das Geld der italienischen Mafia blütenweiß. Es sieht so aus, als habe der damalige Papst Johannes Paul II. über diese Aktivitäten sogar Bescheid gewußt und sie gebilligt.
Autor und Journalist Gianluigi Nuzzi macht in seinem neu erschienen Buch mit dem Titel „Vatikan AG: Ein Geheimarchiv enthüllt die Wahrheit über die Finanz- und Politskandale der Kirche” auf die Abgründe aufmerksam, die sich hinter den Kulissen der nach außen derart heiligen Fassade auftun. Wie kann Autor Nuzzi jedoch über ein derartiges Insiderwissen verfügen? Schließlich schreibt er in seinem Buch, daß riesige Milliardenbeträge in dem Wissen und mit Duldung von den obersten Entscheidungsgremien des Vatikans, somit Kardinälen und Päpsten, gewaschen worden seien – hauptsächlich von der italienischen Mafia.
Die Kundenliste des Vatikans sei äußerst lang, auch ranghohe Politiker würden sich auf ihr finden, darunter Ministerpräsidenten. Zurück zur Ausgangsfrage: Worauf beruft und stützt sich Nuzzi? Er stützt sich bei seinen Recherchen auf mehrere tausend Dokumente, zu denen Belege und Briefe gehören, die ihm wiederum von Renato Dardozzi, einem der hochrangigsten Manager der Vatikanbank, nach dessen Ableben vererbt worden sind. Die Recherchen Nuzzis dauerten mehrere Jahre. Aufwendig war die Auswertung des vielen Materials in Schriftform. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse haben es jedoch in sich. Denn die Schmiergelder flossen in Strömen. Nuzzis verstorbener Informant sei mit seinem Vater viele Jahre in den Vatikan eingereist, um die Schmiergelder in Koffern dort auf den Konten der Vatikanbank einzuzahlen und zu deponieren. Die Mehrzahl dieser Gelder stamme aus den Operationen der sizilianischen Mafia. Ohne eine Kooperation mit den einzelnen Camorra-Clans sei es in keiner Weise möglich gewesen, in der dortigen Region überhaupt Geschäfte zu tätigen. Wie die Dokumente zeigen, seien rund 20 Prozent der beim Vatikan eingezahlten Gelder direkt zurückgeflossen an einzelne hochrangige Mafiapaten auf Sizilien – jetzt jedoch weiß gewaschen. Der Vatikan stand den Paten der Mafia bei ihren Aktivitäten somit Pate. (...)
Den vollständigen Artikel finden Sie in der Ausgabe Wirtschaft Macht Politik 36 / 290